Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Haßberge e. V.

Haßfurt. Im Juli 1977 fand die offizielle Einweihung statt. Bereits ein knappes Jahr zuvor wurden die ersten Schülerinnen und Schüler unterrichtet sowie in der Freizeit betreut. In drei Jahren, nach dann über 40 Jahren, soll nun das große „Facelift“ kommen. Die Rede ist von der Lebenshilfe Haßberge, besser gesagt vom Förderzentrum mit angeschlossener Tagesstätte im Sylbacher Steigpfad, welches damals noch „Sonderschule G“ hieß.

 

„Die Schulsanierung nimmt nun immer mehr Gestalt an“, gab Thomas Sechser bei der Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Haßberge e. V. bekannt, die zum zweiten Mal im neuen Wohnheim in der Haßfurter Goethestraße stattfand. „Die Planungen konzentrieren sich auf einen Start im Jahre 2019“, fügte der Vorsitzende hinzu. Zusammen mit der Regierung von Unterfranken erfolgte „in einem aufwendigen VOF-Verfahren die konkrete Auftragsvergabe an einen Architekten.“ Doch wo werden Kindergartenkinder, Schüler, Lehrkräfte und Erziehungspersonal während der geplanten mehrjährigen Sanierung untergebracht? „Derzeit favorisieren wir eine komplette Auslagerung der Schule während der Sanierungsphase und es laufen Sondierungen nach einer Ausweichmöglichkeit“, teilte Sechser mit, konnte aber noch keine konkreten Quartiere bekanntgeben.

 

Damit gehen die Bautätigkeiten bei der Lebenshilfe Haßberge e. V. weiter, denn immerhin wurde erst im Frühjahr das neue Wohnheim in der Goethestraße eingeweiht, nach über siebenjähriger Planungs- und Bauphase. „Ein großer Teil unserer Arbeitsleistung geht hier, vielleicht für viele Mitglieder und Mitarbeiter nicht immer gleich erkennbar, in die Zukunftsplanung unserer Lebenshilfe“, sagte Sechser voller Stolz über das Erreichte. Vor allem freute er sich, dass der kalkulierte Kostenrahmen eingehalten wurde. „Wir haben trotz widriger Umstände die ursprüngliche Kostenkalkulation eingehalten und auch bei der Bezugsfertigkeit eine Punktlandung erreicht. Wenn sie andere Großprojekte im Land anschauen, und das Wohnheim war für unsere kleine Lebenshilfe ein Großprojekt, ist dies nicht selbstverständlich“, bedankte er sich in erster Linie bei Geschäftsführer Olaf Haase für den „steten und gewissenhaften Einsatz“ und „den engagierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Wohnheime, welche die Gestaltung, Umsetzung und den Einzug trotz vieler Widrigkeiten immer positiv unterstützt haben und den Betrieb nun vorbildlich am Laufen halten.“

 

Weiterhin ungeklärt ist allerdings noch die Eröffnung der Tagesstätte für externe Klienten zur Schaffung einer Tagesstruktur. Etwa nach der Berentung in der Werkstatt oder als Alternative hierzu. „Trotz der ursprünglichen Bedarfsanerkennung durch den Bezirk Unterfranken weigert sich dieser weiterhin, eine auskömmliche und kostendeckende Finanzierung des laufenden Betriebes zu übernehmen“, begründete Thomas Sechser und ärgerte sich: „Es zeigt sich auch hier immer mehr, dass eine einzelne Lebenshilfe in den großen laufenden Kostenverhandlungen chancenlos ist.“ Eine „immer aufwendigere und intensivere Koordination auf Bezirks- und Landesebene ist deshalb unabdingbar.“

 

Unmut äußerte der Oberauracher Bürgermeister zudem am kürzlich erst in Kraft getretenen neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG). „Angekündigt waren weitreichende Verbesserungen und ein Herausholen der Behindertenhilfe aus dem Fürsorgesystem und aus der Sozialhilfe, wie von allen Behindertenverbänden seit zwei Jahrzehnten gefordert. Herausgekommen ist zunächst ein völliger Rückschritt in vielen und vor allem in den entscheidenden Hilfebereichen. Die „scharfe Kritik“ und die Aktionen der Betroffenen hätten jedoch „Wirkung gezeigt“ und die „schlimmsten Änderungen wurden wieder rückgängig gemacht.“ Dennoch: „Die Umsetzung des BTHG wird unsere große Herausforderung der nächsten Jahre.“

 

Haßfurt. Sechs Bereiche umfasst die „Lebenshilfe Haßberge e. V.“ Bei der Mitgliederversammlung des Vereins wurde wieder einmal deutlich, wie viel Arbeit die Bereichsleiter Janina Weinkauf (Frühförderung), Alexandra Krines-Beßler (Schule), Isolde Martin (Tagesstätte), Hilmar Schraub (Wohnheime) sowie Bettina Surkamp (Offene Hilfen und Assistenz beim Wohnen) sowie natürlich ihre Mitarbeiter leisten.

 

Demnach werden in allen drei Wohnheimen 78 Bewohner von insgesamt 44 Mitarbeiter und zusätzlich wechselnden Praktikanten betreut. Die Frühförderung kümmert sich um knapp 440 Kinder, 40 im Monat, die „mehr oder weniger intensiv begleitet“ würden – teilweise vor Ort oder zu Hause. Das Förderzentrum inklusive der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) besuchen im Schuljahr 2016/2017 in Sylbach und der Außenstelle in Ebern 110 Kinder und Jugendliche. Nachfolgerin für die zum Schuljahresende ausgeschiedene Sonderschulrektorin Margit Lesch, die Mitte September die Leitung an der Franziskus-Schule in Schweinfurt übernommen hat, ist derzeit ihre Stellvertreterin Alexandra Krines-Beßler. Sie übernahm die Stelle der Schulleitung kommissarisch für ein Jahr und dies „vor allem ohne den Rückhalt einer offiziellen Konrektoren-Stelle in diesem Übergangsjahr“, wie Sechser feststellte. Eine offizielle Stellenausschreibung gibt es für das neue Jahr. „Wir sind bemüht, ab dem nächsten Schuljahr mit einer neuen Schulleitung die weiteren Herausforderungen anzugehen.“

 

Die Erzieherinnen und pädagogischen Hilfskräfte der Heilpädagogischen Tagesstätte betreuen aktuell knapp 90 Mädchen und Jungen in enger Zusammenarbeit mit der Schule, dies weiterhin im Sinne einer Ganztageseinrichtung am Nachmittag und in der unterrichtsfreien Zeit.

 

Die „Assistenz beim Wohnen“ mit seinen 14 haupt- und derzeit 16 ehrenamtlichen Fach- und Hilfskräften, die teilweise in einer „Mobiler Bereitschaft“ zusammengefasst sind, ermöglichen es auch weiterhin, dass selbst Menschen mit einem erhöhten Hilfebedarf ein selbständiges, selbstbestimmtes und inklusives Leben in eigenen Wohnungen in Zeil, Haßfurt, Königsberg, Kleinsteinach und Ebern führen können. 41 Personen wurde dauerhaft versorgt und betreut, „die Tendenz ist steigend.“ Laut Sechser werde hierbei „weiterhin zeitaufwendig“ dafür gearbeitet, dass die Klienten einen individuellen Betreuungsschlüssel erhalten und nicht, wie von vielen Kostenträgern angestrebt, einen pauschalen Versorgungsschlüssel. „Hier sind wir in Unterfranken, mit einem weiteren Anbieter, die Einzigen, die dies so individuell ermöglichen. Leider nur unter großen, zeitintensiven Bemühungen.“ Derzeit seien „Bemühungen des Bezirk Unterfranken zu beobachten, Leistungen zu kürzen, um diese in die Pflegeversicherung zu schieben. Hier müssen wir uns vorbereiten, Klienten, Betreuern, und Eltern beraten und gegebenenfalls Argumentationshilfen erarbeiten.“

 

Bei den „Offenen Hilfen“ (offene Behindertenarbeit sowie Familienentlastender Dienst) liegt der Schwerpunkt zu guter Letzt in der Beratung rund um den Pflege- und im allgemeinen Unterstützungsbereich. Die Zahlen: an 484 Einsätzen und Aktivitäten nahmen 2015/2016 1626 Kinder, Jugendliche und Erwachsene teil. Dabei wurden sie von 163 Mitarbeitern betreut. Es gab 1211 Betreuungen des familienentlastenden Dienstes (FED) mit über 5260 Stunden, die von 266 Mitarbeiterinnen geleistet wurden. 63 Einsätze (213 Stunden) gab es im Bereich „Betreuungen über zusätzliche Betreuungsleistungen im Erwachsenenbereich“ (32 Kunden, 33 Mitarbeiter).